Vom Markt zur Stadt

Inhalt

1. Die Idee

In der Sitzung der Gemeindevorstehung vom 12.1.2000 wurde auf Vorschlag von GV Josef Lichtenberger (N2000) die Erhebung der Gemeinde Neumarkt zur Stadt beraten. Insbesondere wurde argumentiert, dass eine Stadt für ansiedlungswillige Betriebe, Ämter und Behörden attraktiver ist als ein Markt.

2. Rechtsgrundlagen

§ 3 Salzburger Gemeindeordnung 1994 lautet:

  1. Gemeinden, denen überragende Bedeutung (z.B. durch ihre Einwohnerzahl) zukommt, können nach ihrer Anhörung durch Landesgesetz zur Stadt erhoben werden.
  2. Gemeinden, denen besondere Bedeutung zukommt, können nach ihrer Anhörung durch Beschluss der Landesregierung zum Markt erklärt werden. Dieser Beschluss der Landesregierung ist im Landesgesetzblatt kundzumachen.
  3. Gemeinden, die schon bisher die Bezeichnung „Stadt“ oder „Markt“ geführt haben, behalten diese bei.
  4. Als Träger von privaten Rechten und Pflichten hat jede Gemeinde die Bezeichnung „Gemeinde“ unter Beisetzung ihres Namens zu führen.

3. Stadt mit eigenem Statut

Von „Städten“ gem. § 3 Abs. 1 Sbg Gemeindeordnung 1994 sind "Städte mit eigenem Statut zu unterscheiden" (Stadtrecht gemäß Art. 116 Abs. 3 Bundesverfassungsgesetz). Ein eigenes Statut kann nur einer Gemeinde mit mehr als 20.000 Einwohnern verliehen werden. Die Verleihung des Statutes erfolgt durch ein Landesgesetz und ist an die Zustimmung der Bundesregierung gebunden. Eine Stadt mit eigenem Statut nimmt neben den Aufgaben der Gemeindeselbstverwaltung auch die Aufgaben der Bezirksverwaltungsbehörde wahr. Das Gemeindeamt führt den Namen "Magistrat".

4. Salzburg hat die geringste Städtedichte von Österreich

Derzeit sind Hallein, Radstadt und Zell am See Städte. Nur die Landeshauptstadt Salzburg besitzt das Stadtrecht. St. Johann, Bischofshofen und Seekirchen haben das Land Salzburg ersucht, zur Stadt erhoben zu werden. Saalfelden konnte sich bisher zu einem solchen Ansuchen nicht durchringen. Ein Rechtsanspruch auf Erhebung zur Stadt besteht nicht. Der Landtag hat beschlossen, Bischofshofen und Seekirchen am 24.9.2000, zuvor schon St. Johann (9.6.2000) und Saalfelden (1.8.2000) zur Stadt zu erheben.

5. Folgekosten der Stadterhebung

Folgekosten sind mit der Erhebung zur Stadt nicht verbunden (im Unterschied zur Verleihung des Stadtrechtes: Aufgaben der Bezirkshauptmannschaft).

6. Stadterhebung und Steuereinnahmen

Ob Dorf, Markt oder Stadt: Alle Gemeinden Salzburgs haben im Prinzip die gleichen Rechte, Steuern zu erheben. Als Stadt kann Neumarkt daher nicht mehr und nicht weniger Steuern und Abgaben erheben denn als Markt.

7. Kriterien der Stadterhebung

Die Kriterien der überragenden Bedeutung für die Erhebung zur Stadt gehen über die Kriterien der besonderen Bedeutung für die Erhebung zum Markt hinaus (siehe oben „1. Rechtsgrundlagen“). Insbesondere muss die regionale und überregionale Bedeutung der betreffenden Gemeinde (z.B. Einwohnerzahl) über die qualitativen Merkmale der besonderen Bedeutung einer Gemeinde hinausgehen.

Die Stellung einer Gemeinde ergibt sich im Vergleich zu den umliegenden Gemeinden aus der regionalen und überregionalen Bedeutung insgesamt, z.B. aus der geographischen Lage, der Wirtschaftskraft, dem baulichen Gefüge und dem kulturhistorischen Gepräge.

8. Erfüllt Neumarkt a.W. die Kriterien einer Stadt ?

  1. Einstufung als zentraler Ort der Stufe B gemeinsam mit Straßwalchen, Verdichtungsgemeinde des Salzburger Zentralraumes (lt. Landesentwicklungsprogramm);
  2. Erfüllung von Teilfunktionen des Ballungsraumes, gute Eignung als Entlastungszentrum für den Salzburger Zentralraum (lt. Landesentwicklungsprogramm);
  3. Einstufung als Regionalzentrum – mit noch hohen Entwicklungspotentialen – in Funktionsteilung mit Straßwalchen (lt. Sachprogramm "Siedlungsentwicklung und Betriebsstandorte im Salzburger Zentralraum");
  4. Bezirksgericht für Henndorf, Köstendorf, Seekirchen, Straßwalchen. Ein Notar und Rechtsanwälte haben sich angesiedelt;
  5. Fachärztezentrum mit überregionaler Bedeutung;
  6. Bundesschulzentrum mit HBLA, HAK, HAS, BORG usw. mit überregionaler Bedeutung bis in den Oberösterreichischen Raum. Das BORG soll 2000/2001 in Neumarkt am Wallersee neu errichtet werden;
  7. Polytechnische Schule für Henndorf, Straßwalchen, Köstendorf, Schleedorf, Seekirchen;
  8. Zweigstelle der Arbeiterkammer;
  9. Neben ca. 1.500 Arbeitsplätzen für die Neumarkter Bevölkerung (1.000 Auspendler) rund 1.000 Arbeitsplätze für Einpendler aus dem Flachgau und Oberösterreich, 2 Gewerbezentren;
  10. Überregionale Funktion in den Bereichen Seniorenwohnhaus (für Henndorf) sowie Anlagen des Reinhalteverbandes (für Schleedorf und Köstendorf);
  11. Kirchensteuerstelle für Berndorf, Henndorf, Mattsee, Köstendorf, Obertrum, Seeham, Seekirchen, Schleedorf, Straßwalchen und Eugendorf;
  12. 5.300 Einwohner mit stark steigender Tendenz.

Neumarkt a. W. hat aus den genannten Gründen für die Gemeinden Seekirchen, Köstendorf, Henndorf, Straßwalchen, Schleedorf und weit darüber hinaus überragende Bedeutung und nimmt qualitativ wichtige regionale und überregionale Funktionen wahr.

9. Von der Idee zur Umsetzung

Nach der Vorberatung durch die Gmeindevorstehung am 12.1.2000 (sieh oben „Idee“) hat Bgm Dr. Riesner eine TED-Umfrage in Auftrag gegeben. Hinzu kam eine Bevölkerungsinformation mittels Amtsblatt. Daraus ergab sich eine mehrheitlich positive Stimmung zur Stadterhebung.

Die Gemeindevertretung beschloss deshalb am 28.1.2000 einstimmig, das Land zu ersuchen, Neumarkt a.W. durch Landesgesetz zur Stadt zu erheben. Außerdem teilte die Gemeinde dem Land mit, dass die Marktgemeinde Neumarkt am Wallersee bereit ist, noch weitere überregionale Funktionen zu übernehmen. Die Gemeindevertretung sehe in einer Stadterhebung die Bekräftigung der derzeitigen Bedeutung von Neumarkt am Wallersee für die Region.

10. Der Petitionsausschuss des Landtages berät (1.3.2000)

Bei den Ausschussberatungen am 1.3.2000 waren für das Amt der Landesregierung Dipl.-Ing. Dr. Braumann (Referat 7/01), Dr. Zarl (Referat 11/01) sowie der Bürgermeister der Marktgemeinde Dr. Riesner anwesend.

Hofrat Dr. Faber berichtete zum Eingang der Ausschussberatungen über den Stand der Verfahren, welche zur Stadterhebung von Marktgemeinden anhängig seien. Hinsichtlich der Marktgemeinden Bischofshofen und St. Johann habe der Landtag kürzlich zwei entsprechende Vorlagen der Landesregierung im Ausschuss erledigt. Diese seien für die Plenarberatungen am 29. März 2000 vorgesehen. Weiters seien bislang im Amt der Landesregierung die Anträge auf Stadterhebung der Marktgemeinden Seekirchen und Saalfelden anhängig. Der Landtag werde diesbezüglich in absehbarer Zeit entsprechende Vorlagen der Landesregierung zugeleitet erhalten.

Nach einem Austausch der Argumente, in dem sich alle Landtagsparteien, die im Ausschuss stimmberechtigt sind, für die Stadterhebung ausgesprochen haben, wurden durch die SPÖ zwei Anträge eingebracht. Zum einen zielt ein Entschließungsantrag darauf ab, wonach der Landtag beschließen wolle, die Landesregierung zu ersuchen, bis 31. Oktober 2000 einen Katalog dem Landtag vorzulegen, der die Festlegung von Kriterien für eine Stadterhebung zum Inhalt habe. Dabei sollten nachstehenden Kriterien in diesem Katalog enthalten sein, welche als Mindestvoraussetzungen für die Erhebung einer Marktgemeinde zur Stadt anzusehen wären:

  • Bevölkerung: Einwohnerzahl von zumindest 5.000 Bewohnern 
  • Sitz eines Bezirksgerichtes 
  • Sitz eines Krankenhauses oder mehrerer Fachärzte im Ort 
  • Verschiedene Kinderbetreuungseinrichtungen 
  • Sitz zumindest einer höheren Schule 
  • Vorhandensein eines Ortskernes, der zumindest Ansätze eines städtischen Charakters zeigt.

Schließlich beschloss der Petitionsausschuss einstimmig, künftig bei Stadterhebungen so vorzugehen, weiters die Landesregierung zu ersuchen, dem Landtag eine Gesetzesvorlage vorzulegen, wodurch Neumarkt a.W. zur Stadt erhoben wird.
Landtagsbericht des Petitionsausschusses vom 1.3.2000

11. Der Landtag ersucht um eine Regierungsvorlage (29.3.2000)

Der Landtag beschloss den Antrag des Petitionsausschusses am 29.3.2000. Die Landesregierung leitete dem Landtag in der Folge eine Regierungsvorlage zu.

12. Der Verfassungs- und Verwaltungsausschuss des Landtages berät (10.5.2000)

Während einer Unterbrechung der Sitzung des Landtages am 10.5.2000 beriet der Verfassungs- und Verwaltungsausschuss die Regierungsvorlage zur Stadterhebung von Neumarkt a.W. in Anwesenheit von LH Univ.-Doz. Dr. Schausberger und Bürgermeister Dr. Riesner. Der Ausschuss beschloss einstimmig einen Antrag an den Landtag, diese wolle das in der Regierungsvorlage enthaltende Gesetz zum Beschluss erheben.
Landtagsbericht des Verfassungs- und Verwaltungsausschusses vom 10.5.2000

13. Der Landtag beschließt die Stadterhebung von Neumarkt a.W. (10.5.2000)

Am selben Tag beschloss der Landtag das Gesetz, Neumarkt a.W. am 24. September 2000, dem Landesfeiertag, zur Stadt zu erheben.